Nicht nur der Sonnenaufgang ist auf dem Pico Arieiro ein absolutes Highlight, sondern auch der Sonnenuntergang. Er ist mit einer Höhe von 1818 Metern der dritthöchste Berg Madeiras und hat dabei einen entscheidenden Vorteil im Gegensatz zu seinen zwei großen Brüdern Pico Ruivo (1862 m) und Pico das Torres (1851 m). Er hat eine direkte Straßenanbindung, denn schließlich muss die NATO-Radaranlage die 2010 dort eröffnet wurde, gut erreichbar sein. So kann man ganz gemächlich mit dem Auto bis zum Gipfel fahren, auf einen der vielen kostenlosen Parkplätzen parken und die wunderschöne Gegend erkunden.
Ich entschied mich an jenem Tag ca. 1,5 Stunden vor Sonnenuntergang vor Ort zu sein.
Um diese Zeit findet man problemlos einen freien Parkplatz direkt unter der dort ansässigen Cafeteria. Die meisten Besucher tummeln sich hier eher frühmorgens, um die Königstour PR1 vom Pico Arieiro zum Pico Ruivo anzutreten. An einen freien Parkplatz ist dann bereits lange vor Sonnenaufgang nicht zu denken.
Zahlreiche Madeira-Ginster Sträucher wachsen in dieser felsigen Landschaft und sind besonders zur Blütezeit von Mai bis Juni hübsch anzusehen, wenn die leuchtend gelben Blüten ausgebildet und geöffnet sind. Der Zierstrauch verströmt einen leichten, süßlichen Duft und bietet eine Nährweide für Schmetterlinge. Man sollte jedoch wissen, dass Ginster giftig sind und zwar grundsätzlich in allen Pflanzenteilen.
Während es im Tal und rund um Funchal noch regnete, präsentierte sich mir hier oben zunächst ein dichtes Wolkenmeer, das sich nur sehr langsam auflöste. Die Sonne blickte jedoch immer wieder und häufiger zwischen den Wolken hervor, aus dem hin und wieder die schroffen Felsspitzen der kleineren umliegenden Berggipfel herausragten.
Wahrlich spektakuläre Aussichtspunkte machen die Wanderung zum Pico Ruivo nicht nur zu einem unvergesslichen Erlebnis, sondern bieten unzählige Fotospots entlang der sehr abwechslungsreichen Route. Ich entschloss mich auf dem gepflasterten Wanderweg zum Aussichtspunkt Miradouro do Ninho da Manta bis hin zum 1,5 km entfernten Aussichtspunkt Miradouro Pedra Rija zu begeben.
Obwohl einige der Gipfel komplett in den Wolken hingen, konnte ich immer wieder einen beeindruckenden Ausblick über die tiefen Täler erspähen. Im stetigen Auf und Ab musste ich wiederholt Halt machen, um jeweils eine Momentaufnahme dieses spektakulären Naturschauspiels abzulichten und um etwas Luft zu schnappen.
Die Wolken zogen langsam die Berge hoch, die von der abendlichen Sonne nunmehr orange angestrahlt wurden, und weiter über die Gipfel. Die ganze Szenerie änderte sich fast im Sekundentakt.
Um den Pico do Arieiro blühen nicht nur zahlreiche Ginsterbüsche sondern auch vereinzelt der Stolz Madeiras, der Madeira-Natternkopf (Echium candicans).
Auf den Madeira-Natternkopf sind nicht nur die Portugiesen stolz, sondern jeder, der die außergewöhnliche Pflanze selbst zu Hause auf der Terrasse oder im Wintergarten erlebt. Die mit 30 cm Länge riesigen, himmelblauen Blütenkerzen ziehen im Frühling bis Frühsommer ebenso die Blicke auf sich wie das graue, samtweiche Laub und der kandelaberartige Wuchs.
Schlagartig verschwand die Sonne hinter einem Gipfel oder waren es doch Wolken? Für mich das Signal den Rückweg zum Parkplatz anzutreten. Dieser fühlte sich nun noch beschwerlicher an und es wurde empfindlich kälter.
Zwischendurch habe ich weiterhin versucht ein paar letzte Eindrücke dieses grandiosen Mittelgebirges von Madeira festzuhalten, bis sich der Himmel langsam aber sicher immer dunkler färbte und ein erster orangefarbener Streifen am Horizont zu sehen war.
Einen Sonnenuntergang zwischen und über den Wolken zu erleben hat etwas sehr erhabenes. Die kurze Anstrengung hatte sich mehr als gelohnt!
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